Willkommen
bei meinen
Kurzromanen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In den achtziger Jahren begann ich mit meinen ersten Kurzromanen, die sogleich von einigen Zeitschriften veröffentlicht wurden. Inzwischen sind es ca. 60 geworden. Hinzu kommen zwei Fortsetzungsromane von je acht Folgen.

Kurzromane und Fortsetzungsromane findet man in fast jeder Zeitschrift, und sie erfreuen sich großer Beliebtheit.

 

Eine Sammlung von 20 Kurzromanen finden Sie in dem Band "An einem Abend in Bordeaux".

Zu beziehen als Taschenbuch und als ebook bei amazon.de

   

Hier ein Beispiel:

 

RETTER IN DER NOT

 

Marina Wagner verließ die Autobahn und bog auf die breite Landstraße ein. Sie sah auf ihre Uhr. Schon gleich acht. Sie würde zu spät zu Dagmars Party kommen.

Ein Rucken des Wagens ließ Marina zusammenzucken. Der Motor stotterte, wenig später blieb der Wagen stehen.

Ein Blick zur Tankanzeige genügte.

»Mist«, entfuhr es ihr.

Sie nahm das Autotelefon aus der Halterung und wählte Dagmar Reiters Telefonnummer.

»Ich stecke hier fest, habe kein Benzin«, sprudelte sie im Telegrammstil heraus.

»Wo bist du genau?«, rief Dagmar gegen den Lärm an. Die Party war offenbar schon im Gange.

Marina beschrieb ihr die Gegend.

»Ich weiß, wo das ist«, sagte Dagmar. »Rühr dich nicht vom Fleck. Ich schicke jemanden.«

Und schon war das Gespräch beendet. Marina seufzte. Eigentlich war sie viel zu müde für eine Party und sollte lieber nach Hause fahren und ins Bett gehen. Aber sie hatte Dagmar nun einmal versprochen, zu kommen. Um sich die Beine zu vertreten, stieg Marina aus.

Plötzlich geschah es. Der Fahrer eines vorbeifahrenden Autos hatte offenbar die große Pfütze übersehen. Das Wasser spritzte auf und über Marinas Kleid.

»Jetzt ist der Abend völlig im Eimer«, sagte sie zornig. Ihre Wut steigerte sich noch, als sie sah, dass der Fahrer es nicht mal für nötig hielt, anzuhalten.

Sie wollte gerade wieder in ihren Wagen steigen und Dagmar absagen, als ein Wagen hinter ihrem anhielt.

»Wo fehlt´s denn?«, erklang eine dunkle Stimme.

»Das wissen Sie doch«, fauchte Marina. »Kein Benzin.«

»Aha. Typisch Frau. Nur Mode oder Klatsch im Kopf, aber keinen Blick für die Benzinuhr übrig.«

Marina wollte schon aufbegehren. Das fehlte noch, dass sich der Kerl über sie lustig machte. Aber der junge Mann hatte schon seinen Kofferraum geöffnet und einen Kanister herausgeholt. Während er ihren Tank auffüllte, hatte Marina Gelegenheit, ihn zu beobachten. Sie schätzte ihn vielleicht ein paar Jahre älter als sie selbst. Er hatte dunkle, halblange und gewellte Haare, war schlank und einen halben Kopf größer als sie.

Wie hatte Dagmar nur wieder diesen Mann aufgegabelt? fragte sie sich ein wenig neidisch.

»So, fertig. Oje, Sie sehen aber nicht so aus, als hätten Sie nur kein Benzin mehr gehabt.« Er deutete auf ihr schmutziges Kleid. »Wollten Sie etwa einen Reifen wechseln?«

»Nein«, gab Marina patzig zurück. »Was bin ich Ihnen schuldig?«

»Nichts. Vielleicht helfen Sie ja auch mal jemandem.« Er sah auf die Uhr. »Ich muss los, bin spät dran. Sonst hätten wir noch irgendwo zum Essen gehen können.«

Und ehe Marina noch etwas sagen konnte, saß er wieder in seinem Wagen und fuhr davon.

*

Dagmar fing Marina bereits an der Tür ab.

»Ich hab schon auf dich gewartet. Oh Gott, du siehst ja schrecklich aus. Was ist passiert?«

Marina erklärte es ihr.

»Komm mit. Ich gebe dir ein Kleid von mir.«

»Sag mal, wer war der Mann, den du mir geschickt hast?« fragte Marina, während sie die Treppe zu Dagmars Zimmer hinaufgingen.

»Ein alter Bekannter.«

»Wie heißt er?«

»Wolfgang. Wolfgang Breden. Aber warum fragst du nach ihm?«

»Nur so.« Marina zuckte die Schultern. »Ich hatte keine Zeit, mich richtig bei ihm zu bedanken. Er war sofort wieder weg.«

Dagmar runzelte die Stirn. »So. Na ja, dazu wirst du bestimmt noch Gelegenheit haben.«

Aber so sehr sich Marina auch die Augen ausrenkte, sie konnte diesen Wolfgang Breden nicht unter den Gästen entdecken. Mehrmals versuchte sie, Dagmar nach ihm zu fragen, aber die war so beschäftigt, dass Marina sie keine Minute lang allein sprechen konnte.

Enttäuscht verließ sie bald darauf die Party. Habe ich mich etwa verliebt? fragte Marina in ihrer Wohnung. Sie schüttelte über diesen Gedanken den Kopf. Nicht, dass sie sich zu alt für die Liebe fühlte, sie war erst fünfundzwanzig, aber dass es ihr wie einem jungen Teenager ging, der sich auf den ersten Blick verliebte, machte sie ein wenig fassungslos.

*

Am Montag konzentrierte Marina sich wieder auf ihre Arbeit. Ihre Mitarbeiterin brachte frischen Kaffee und etwas zu essen.

»Da ist Besuch für dich, Marina.«

»Ein Kunde?«

»Ja.«

»Schick ihn herein«, sagte sie, während sie sich schon wieder ihrer Arbeit widmete.

»Guten Tag«, sagte eine dunkle Stimme.

»Tag.« Marina hob den Kopf, als ihr das Wort im Hals stecken blieb.

»Sie ..?«, stotterte sie.

»Ja«, sagte der junge Mann mit den dunkel gewellten Haaren. Dabei lächelte er so warm, dass Marina einen Moment nicht wusste, wohin sie schauen sollte.

»Wie - wie haben Sie mich gefunden?«

»Die Anschrift der Firma stand doch auf Ihrem Auto. Ich hab sie mir einfach gemerkt. Ich weiß - ich platzte hier einfach so herein, aber - Sie sind mir noch ein Essen schuldig...«

»Deshalb sind Sie gekommen?«

»Hm. Außerdem - ich wollte Sie wiedersehen. Komme ich etwa ungelegen?«

»Nein. Nein, nein«, sagte sie hastig. »Im Gegenteil.«

Sie senkte den Kopf, weil sie im Begriff war, etwas Unüberlegtes zu sagen. Erst nach einigen Sekunden hatte sie sich wieder gefangen.

»Sie sind also Wolfgang.«

Er runzelte die Augenbrauen. »Wolfgang? Nie gehört. Wie kommen Sie denn darauf?«

»Was?« Marina starrte ihn mit offenem Mund an. »Dann kennen Sie auch keine Dagmar Reiter?«

Er zuckte die Achseln. »Nein.«

»Ja, aber...« Marina ließ sich perplex zurücksinken.

»Was haben Sie? Soll ich wieder gehen?«

Marina schüttelte rasch den Kopf. »Nein. Ich - ich erkläre Ihnen später alles, das heißt, wenn Sie wollen.«

»Und ob ich will. Übrigens, mein Name ist Stefan, Stefan Köhler.«

»Mhm.« Marina nickte. »Gefällt mir gut. Viel besser als Wolfgang.«

 

E N D E

 

 

 

© Phillip Kordes
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